Brief an die stillen Väter

Liebe stille Väter,

Ich schreibe euch mit offenem Herzen – als einer von euch. Ich kenne das Gewicht dieses Schweigens: die Einsamkeit derer, die familiäres Unrecht erfahren, die Angst eines Vaters, Opfer von elterlicher Entfremdung oder institutioneller Gewalt. Ich kenne die Leere, die wir nachts dem Kissen anvertrauen, während draußen die Welt unsere Tränen nicht sieht. Wir haben gelernt, im Stillen zu leiden – um unseren Kindern kein weiteres Leid zuzufügen, keinen neuen Konflikt zu schüren, und weil wir oft fürchten, dass niemand wirklich unseren Schrei hören will.

Jeden Tag tragen wir unser Leben weiter, mit einem gezwungenen Lächeln, während wir innen unsichtbare Wunden tragen. Wie viele von euch haben den Geburtstag ihres Kindes aus der Ferne gefeiert, ein Geschenk vor die Tür gelegt? Wie viele standen hinten in der Aula bei der Schulaufführung – versteckt –, weil ihre Anwesenheit nicht erwünscht war? Und wie viele umarmten zu Hause nur den leeren Raum, stellten sich das Lachen vor, das sie nicht hören durften? Das ist unser Schweigen: unausgesprochene Liebe, leere Arme, Worte, die im Hals sterben.

Versteht mich nicht falsch: Ich weiß genau, wie ernst und dringend das Problem der Gewalt gegen Frauen ist. Es ist eine schreckliche gesellschaftliche Plage, die mit aller Kraft bekämpft werden muss. Jede Frau, die Gewalt erleidet, verdient Schutz, Gehör und Gerechtigkeit. Und wir – als Väter, als Männer, als Menschen – sind die ersten, die empört sind und diese Gewalt ausrotten wollen. Aber ich frage mich: Ist es wirklich unmöglich, im öffentlichen Diskurs auch für uns einen Platz zu finden? Muss unsere eigene Verletzlichkeit als Bedrohung für die der Frauen gelten?

Es scheint, als hätte die Gesellschaft aufgehört, männliche Opfer und das Leid von Vätern wahrzunehmen. Jedes Mal, wenn einer von uns sagt „Auch ich leide“, wird er mit Misstrauen betrachtet – als wolle er die Bühne stehlen oder das Leid anderer kleinreden. Aber Empathie ist kein Kuchen, der in Stücke geteilt wird: Das Zuhören unseres Schmerzes nimmt nichts von der heiligen Notwendigkeit, Gewalt gegen Frauen zu bekämpfen. Mitgefühl wird nicht weniger, wenn es geteilt wird – im Gegenteil: Eine Gesellschaft, die allen Opfern zuhört, ist eine gerechtere und stärkere Gesellschaft.

Es gibt Väter, denen Kinder entzogen wurden – auf Basis von Anschuldigungen, die sich später als unbegründet erwiesen – und sie haben nie ein Wort der Entschuldigung gehört, als die Wahrheit ans Licht kam. Väter, die täglich vor Gericht kämpfen, um ein paar Stunden mit ihren Kindern zu gewinnen – behandelt wie Gäste im Leben derer, die sie über alles lieben. Väter, die psychische oder physische Gewalt durch ihre Partnerin erlitten – und denen gesagt wurde: „Ein Mann kann sich doch selbst verteidigen“, als sie um Hilfe baten. Väter, als Monster dargestellt, deren Würde ihnen genommen wurde, bevor sie überhaupt ihre Version erzählen durften. Und Väter, die innerlich langsam sterben, wenn ihre Kinder – manipuliert – sie mit Angst oder Hass ansehen, statt mit der Liebe, die sie verdienen.

Die Geschichten sind unterschiedlich, aber der Faden ist derselbe: tiefer Schmerz, verschwiegen aus Scham oder Angst, oft erstickt durch Gleichgültigkeit. Euch, stillen Vätern, sage ich: Euer Leid ist real. Lasst euch nicht einreden, dass es nicht zählt. Ihr seid nicht weniger Männer, weil ihr Schmerz empfindet, nicht weniger Väter, weil euch eure Kinder entrissen wurden. Die Tränen, die ihr im Verborgenen vergießt, sind kein Zeichen von Schwäche, sondern von Liebe – derselben Liebe, die euch Tag für Tag weitermachen lässt.

Ich weiß, wie schwer es ist, das Schweigen zu brechen. Uns wurde beigebracht, dass ein „richtiger Mann“ keine Schwäche zeigt, dass man die Zähne zusammenbeißen und weitermachen muss. Und das habt ihr getan – ihr tut es jeden Tag. Aber es ist keine Schande, um Hilfe zu bitten, zu sagen: „Auch mir wurde Unrecht getan.“ Die Schande liegt bei denen, die euch dieses Unrecht angetan haben, oder die sich von euch abwenden. Ihr habt es verdient, ohne Vorurteile gehört zu werden – ihr verdient Verständnis und Respekt.

Ich schreibe diesen Brief in der Hoffnung, dass jemand beim Lesen beginnt, euch zu sehen. Dass die Gesellschaft beginnt, uns zu sehen: verletzte Väter, Männer mit gebrochenem Herzen, die nichts anderes wollen als Gerechtigkeit und Aufmerksamkeit. Wir wollen niemandem etwas wegnehmen – nur unsere Stimme zu einem Chor hinzufügen, der alle Opfer von Ungerechtigkeit einschließen sollte. Denn in einer wirklich gerechten Gesellschaft wird kein Schmerz von vornherein ignoriert.

Liebe Weggefährten auf diesem schmerzvollen Pfad,
ihr seid nicht allein.
Ich sehe euch, ich höre euch und reiche euch meine Hand – wenn auch nur mit diesen Worten.
Lasst uns unsere Kinder weiter lieben – auch aus der Ferne, auch wenn man uns ihre Nähe verwehrt.
Die Liebe, die wir empfinden, ist unsere Kraft: Man konnte sie behindern, aber niemals auslöschen.
Haltet durch.
Euer Wert als Väter und als Männer hängt nicht davon ab, was andere über euch sagen oder was ein Gericht entscheidet.
Er lebt in jeder verwehrten Umarmung, die ihr noch geben möchtet, in jedem Gute-Nacht-Gedanken, den ihr aus Kilometern Entfernung schickt.
Diese tiefe Verbindung – sie kann niemand auslöschen.

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