Verborgener Schmerz

Es gibt Schmerzen, die keinen Namen haben. Schmerzen, die sich langsam einschleichen, wie Feuchtigkeit in den Wänden: Anfangs unsichtbar, doch mit der Zeit zerfressen sie alles. Schmerzen, die nicht schreien, aber dich innerlich leer machen. Du setzt dich an einen Tisch, versuchst zu lesen, zu arbeiten, zu leben… doch etwas in dir ist ausgeschaltet, abwesend, weit weg.

Es ist der Schmerz dessen, der von dem ferngehalten wird, was er am meisten liebt. Der Schmerz dessen, der seine Kinder aus der Ferne aufwachsen sieht. Der sich jeden Abend fragt, ob sie sich noch an seine Stimme erinnern, ob sie immer noch auf diese eine Umarmung warten, ob dieses Band – das einst unzerstörbar schien – dem Schweigen und der Distanz standhält.

Es ist ein Schmerz, der niemanden interessiert. Er macht keine Schlagzeilen. Er löst keine Kampagnen aus. Es ist ein unbequemer Schmerz, den die Gesellschaft lieber ignoriert. Denn ihn anzuerkennen würde bedeuten, zuzugeben, dass auch Väter leiden können. Dass auch Männer Opfer sein können. Und das ist für viele immer noch unvorstellbar.

Also lernst du, ihn zu verstecken. Du lächelst, wenn man dich fragt: „Wie geht’s?“, sprichst über das Wetter oder die Arbeit. Aber in dir drin ist eine Leere, die sich nicht füllen lässt. Ein Schmerz, der nicht vergeht. Und manchmal, wenn dich niemand sieht, weinst du. Weil du deinen Sohn vermisst. Weil du deine Tochter vermisst. Weil du das Leben vermisst, das du aufgebaut hattest und das dir jetzt genommen wurde.

Keine Gerechtigkeit kann dir die verlorenen Tage zurückgeben. Aber es gibt die Würde. Die Würde, nicht aufzugeben. Weiter zu lieben – auch aus der Ferne. Niemals aufzuhören, Vater zu sein, selbst wenn man dich wie einen Fremden behandelt. Denn wahre Liebe braucht keine Erlaubnis. Sie bittet nicht um Genehmigung. Sie existiert. Sie hält stand. Und sie bleibt.

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