Es gibt einen genauen Moment, in dem das Recht zerbricht: den Moment, in dem es aufhört, nach Wahrheit zu suchen, und beginnt, einer kollektiven Stimmung zu dienen. Keine edle Sache, sondern ein gesellschaftlicher Druck. Kein Prinzip, sondern ein Vorurteil. In diesem Moment hört das Recht auf, ein Schutzwall gegen Willkür zu sein, und wird selbst zu einem Instrument der Gewalt. In diesem Moment kehren wir zurück zur juristischen Barbarei.
Es scheint, als wären wir zurückgekehrt in die Zeiten, in denen Prozesse auf dem Marktplatz abgehalten wurden. Wo das Geschrei der Menge mehr zählte als Beweise. Wo das Urteil gesprochen wurde, bevor das Verfahren überhaupt begonnen hatte. Heute hat dieser Marktplatz eine neue Form angenommen: mit den glatten Oberflächen von Fernsehstudios, der monotonen Stimme „fachkundiger“ Analysen, dem hämmernden Takt der Schlagzeilen. Doch die Logik bleibt dieselbe: Man sucht einen Schuldigen, nicht die Wahrheit. Man erschafft einen Feind, anstatt einen Menschen anzuhören.
Heute sind Familiengerichte zu Orten geworden, an denen das Recht gebeugt, verzerrt, erniedrigt wird. Väter, die geliebt, unterstützt und ihre Kinder großgezogen haben, werden wie permanente Verdächtige behandelt. Die Unschuldsvermutung löst sich auf. Der Beweis weicht dem Eindruck, der ex officio gewährten Glaubwürdigkeit der Mutter. Psychologische Gutachten ersetzen Ermittlungen. „Gefühle“ werden zu Urteilen.
All dies geschieht unter den Augen einer öffentlichen Meinung, die durch aufdringliche Nachrichten, oberflächliche Analysen und vereinfachte Erzählungen aufgepeitscht wird – wo jeder Femizid als ultimativer Beweis für die „Gewalt des Mannes“ gilt, ohne Fallunterscheidung, ohne Kontextanalyse. Es spielt keine Rolle, ob es keine Beweise für eine Schuld gibt. Es spielt keine Rolle, ob es sich um friedliche, präsente, liebevolle Männer handelt. Es reicht, ein Mann zu sein. Und das genügt.
So nährt sich Tag für Tag eine neue Hexenjagd. Nur dass die Hexen heute nicht mehr unschuldige Frauen sind, die der Ketzerei beschuldigt werden: Heute sind es Väter, die im Namen eines angeblichen Schutzes ausgelöscht werden. Wir kehren zu den Scheiterhaufen zurück. Es gibt keine Flammen mehr, aber es gibt das Stigma. Es gibt den sozialen Ausschluss. Es gibt die präventive Verurteilung. Es gibt die Unmöglichkeit, sich in einem System zu verteidigen, das bereits entschieden hat, wer man ist. Das ist es, was man gesucht hat. Das ist es, was man gewollt hat. Aber über den Plan, der dahintersteht, werden wir in einem anderen Schreiben sprechen.
Im Namen des „Kinderschutzes“ – eines Schutzes, der oft nur behauptet, selten überprüft wird – wurde alles ausgelöscht. 1500 Jahre juristischer Entwicklung wurden zunichte gemacht, vom Corpus Iuris Civilis Justinians bis zu den Grundprinzipien moderner demokratischer Verfassungen.
Die Unschuldsvermutung, ein Eckpfeiler des Strafrechts, wurde abgeschafft und durch ein systemisches Vorurteil ersetzt, das den Mann von vornherein als schuldig betrachtet. Die Bedeutung von Beweisen wurde aufgegeben: Heute genügt ein Verdacht, eine einseitige Aussage, ein parteiisches Gutachten, um drastische Maßnahmen zu rechtfertigen. Verfassungsprinzipien wurden ignoriert: das Recht auf Verteidigung, auf Verfahrensgerechtigkeit, auf Verhältnismäßigkeit. Grundlegende soziale Rechte wurden mit Füßen getreten: das Recht auf Elternschaft, auf emotionale Kontinuität, auf Beziehung und Würde.
All das wird mit Schlagworten gerechtfertigt. Nicht durch Überprüfung. Durch Vermutungen. Nicht durch Beweise. Das Recht hat aufgehört, Kriterium zu sein: Es ist zum ideologischen Instrument geworden.
Das Familienrecht wurde einst als ein Ausnahmerechtsbereich konzipiert, gedacht für sensible und komplexe Situationen. Doch heute ist die Ausnahme zum System geworden. Das Familienrecht hat sich zu einem autonomen Universum entwickelt, losgelöst von den Prinzipien der Legalität, der Verhältnismäßigkeit und der Rechtssicherheit, in dem die Ermessensfreiheit unbegrenzt und die Willkür institutionalisiert ist.
Was einst geschützter Raum sein sollte, ist zu einem rechtsfreien Raum geworden. Jeder Missbrauch wird als Vorsicht gerechtfertigt. Jede Verletzung als Schutzmaßnahme. Jeder Ausschluss als präventive Handlung.
Rund um diese dysfunktionale Justiz hat sich ein autoreferentielles Ökosystem gebildet: ein dichtes Netz von Verbänden, Sozialarbeitern, Psychologen, Anwälten, Institutionen, Mediatoren, Gutachtern, Beratern – sie alle leben vom Konflikt und gedeihen darin.
Es gibt keinen Anreiz zur Lösung. Nur das Interesse, ihn zu verlängern. Beratungen, Begleitungen, „geschützte“ Treffen, Bewertungen und Berichte zu vervielfachen. Alles wird zum „Fall“. Alles wird zur „Maßnahme“. Alles erzeugt Honorare, Projekte, öffentliche Gelder, gerichtliche Aufträge.
Es ist ein System, das sich selbst nährt. Es ist nicht effizient. Es ist nicht gerecht. Aber es ist stabil. Ein perverses Gleichgewicht, aufrechterhalten durch gemeinsame Interessen.
In diesem System ist das Leid kein Problem mehr, das gelöst werden soll. Es ist eine Einnahmequelle. Der Rohstoff einer Schmerzindustrie.
Das hier ist keine Gerechtigkeit mehr. Es ist Verwaltung. Es ist Ideologie. Es ist das Management von Leid.
Doch das Schweigen ist vorbei. Das Wort wird wieder Zeugnis. Und das Zeugnis, ein Akt des zivilen Widerstands.
Wer diese Barbarei erlebt hat, vergisst nicht. Wer sie erlitten hat, kann nicht länger schweigen.